Verwaltungs- und Kommunalrecht, Öffentlicher Dienst

Referentin Sabine Fiebig

Schwerpunkte

Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine

Zuzug von Asylbewerbern

Neue Aufgaben für die kreislichen Ausländerbehörde

Novellierung der Kommunalverfassung

Personalsituation in den Kreisverwaltungen

Fortentwicklung des Rettungsdienstgesetzes

Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine

Mit Beginn des russischen Angriffskrieges am 24. Februar 2022 ist innerhalb kurzer Zeit eine sehr große Zahl von Ukrainerinnen und Ukrainern nach Deutschland und auch nach Sachsen-Anhalt geflüchtet. Der Personenkreis wurde von den Landkreisen offen aufgenommen und zunächst einmal vorläufig in sogenannten Hotspots wie Sport- und Messehallen untergebracht.

Eine besondere Herausforderung war die Tatsache, dass die Zuflucht nicht öffentlich gesteuert werden konnte. Die Ankommenden haben sich entweder vor Ort gemeldet und um Schutz und Aufnahme gebeten oder fanden individuelle Unterbringung und Unterstützung bei Freunden, Bekannten oder anderen hilfsbereiten Privatpersonen.

Eine Meldepflicht bestand erst nach drei Monaten. Die genaue Zahl der geflüchteten Personen und deren Zusammensetzung – z. B. der schulpflichtigen Kinder und der Kindergartenkinder – blieben daher anfangs unklar.

Für die Landkreise ergaben sich im Wesentlichen folgende Aufgaben:

  • Koordinierung sämtlicher Hilfs- und Unterstützungsangebote der Zivilgesellschaft
  • Bereitstellung und Ausstattung von Wohnraum
  • Registrierung aller Ankommenden, einschließlich der Erfassung von Personalien und biometrischen Daten
  • Ausstellen von Aufenthaltstiteln
  • Integration in Gesellschaft und Arbeit
  • Sprachlernangebote

Zwischenzeitlich leben rund 32.400 Flüchtlinge aus der Ukraine in Sachsen-Anhalt, davon knapp 6.900 schulpflichtige Kinder und 2.300 Kinder im Kindergartenalter, siehe Abbildung.

Seit dem 1. Juni 2022 erhalten erwerbsfähige Ukrainerinnen und Ukrainer Bürgergeld nach dem SGB II. Die mit diesem Rechtskreiswechsel erhoffte schnelle Integration in Arbeit ist allerdings derzeit noch hinter den Erwartungen zurückgeblieben.

Zuzug von Asylbewerbern

Seit 2022 stieg auch wieder die Zahl der Asylbewerber. Im Zeitraum von 2018 bis 2021 waren in Sachsen-Anhalt nur konstant niedrige Zugangszahlen zu verzeichnen – unter 3.000 Personen pro Jahr. Im Jahr 2022 waren es schon 5.900 Personen und im Jahr 2023 sogar fast 8.000 Personen. Diese hohe Zahl liegt nahe an der Belastungsgrenze vor Ort, sodass der Zuzug dringend begrenzt werden muss, siehe Abbildung.

Eine besonders große Herausforderung bleibt für die Landkreise die Unterbringung der Menschen, denn Wohnraum ist kaum noch verfügbar und Gemeinschaftsunterkünfte wurden in den Jahren zuvor zurückgebaut.

Weitere Aufgaben sind die Beratung und Betreuung der Ankommenden sowie die Bereitstellung erster Angebote zum Erlernen der deutschen Sprache und zur Integration in das gesellschaftliche und berufliche Leben.

Bund und Länder haben Ende letzten Jahres verschiedene Maßnahmen in der Flüchtlingspolitik vereinbart, ohne aber Lösungen für eine finanzielle Entlastung der Kommunen vorzusehen. Verabredet wurde aber die Ausgabe von – digitalen – Bezahlkarten an Asylsuchende, um Überweisungen in das Herkunftsland zu verhindern und Barmittel zu reduzieren.

Derzeit läuft eine gemeinsame Ausschreibung von 14 Bundesländern, an der sich auch Sachsen-Anhalt beteiligt. Die Landkreise sind sich einig, das Ergebnis des Vergabeverfahrens zu nutzen und keine eigenen Initiativen zu starten. Die Ausgabe der Bezahlkarte könnte im Sommer 2024 beginnen.

Ein weiteres Thema ist die Bereitstellung von Arbeitsgelegenheiten für Asylbewerberinnen und -bewerber. Die Erwartungen an dieses Instrument werden allerdings vor Ort unterschiedlich eingeschätzt.

Neue Aufgaben für
die kreislichen Ausländerbehörden

Neben der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerberinnen und -bewerbern sowie von Geflüchteten aus der Ukraine haben sich die Aufgaben der kreislichen Ausländerbehörden auch durch gesetzliche Änderungen erweitert. Besonders zu nennen sind

  • das Chancenaufenthaltsgesetz für langjährig geduldete Asylbewerber
  • das Fachkräfteeinwanderungsgesetz mit Schnittstellen zu zahlreichen anderen Institutionen
  • die Weiterentwicklung des Staatsangehörigkeitsgesetzes zur Ermöglichung schnellerer Einbürgerungen für eine größere Zahl an Personen.

Bei den Vorschriften handelt es sich um anspruchsvolle Rechtsgebiete, die verwaltungsrechtlich erfahrenes Personal erfordern.

Die Landkreise haben in den vergangenen Monaten ihre Ausländerbehörden quantitativ und qualitativ gestärkt und auch auf weiter steigende Antragszahlen vorbereitet. Ideen der Bundes- und Landespolitik für mehr Zentralisierung ist daher aus kreislicher Sicht deutlich entgegenzutreten.

Novellierung der
Kommunalverfassung

Das Kommunalverfassungsgesetz bildet die maßgebliche rechtliche Grundlage für die innere Struktur der Städte, Gemeinden und Landkreise und gestaltet damit die kommunale Selbstverwaltung in Sachsen-Anhalt aus. Bei der aktuellen Überarbeitung sollen unter anderem digitale Sitzungsformate grundsätzlich ermöglicht und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit einem kommunalen Mandat verbessert werden.

Der Landkreistag hat zunächst bei der Evaluation der bestehenden Regelungen durch das Ministerium für Inneres und Sport mitgewirkt und später eine Fülle eigener Vorschläge zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung eingebracht. Beispielsweise ging es uns um die Abschaffung von Anzeige- und Genehmigungspflichten sowie den Schutz kommunaler Mandatsträger vor Bedrohungen und Angriffen.

Viele unserer Anregungen sind in den Gesetzentwurf, der sich noch im parlamentarischen Verfahren befindet, eingeflossen. Leider wurden aber auch weitergehende Vorschläge der Praxis nicht berücksichtigt, sodass sie der nächsten Novellierung vorbehalten bleiben.

Das Gesetz wurde vom Landtag am 24. April 2024 beschlossen. Wir werden nun zügig unsere Muster der Hauptsatzung und Geschäftsordnung den neuen Regelungen anpassen. Sie dienen den Landkreisen seit Jahren als bewährte Arbeitshilfe.

Personalsituation in den Kreisverwaltungen

Der allgemeine Fachkräftemangel hat inzwischen auch die Kreisverwaltungen erreicht. Die aktuelle Situation ist von vielen Altersabgängen, immer neuen oder geänderten Aufgaben und technischen Veränderungen in der Verwaltungsarbeit geprägt.

Da diese Faktoren absehbar waren, haben wir schon im Jahr 2018 mit dem Angebot eines dualen Studiums der Verwaltungswissenschaften in Kooperation mit der Hochschule Harz den Grundstein für zielgerichtete Nachwuchsgewinnung gelegt. Die Nachfrage war von Anfang an hoch und wird insbesondere von den Landkreisen gut genutzt.

Seit 2021 wird nun auch der duale Studiengang Verwaltungsinformatik und -digitalisierung angeboten. Ziel ist es hier, den Digitalisierungsprozess in den Kommunen mit Verwaltungskompetenz zu vernetzen.

Fortentwicklung des Rettungsdienstgesetzes

Durch die Aufnahme einer Experimentierklausel in des Rettungsdienstgesetz Sachsen-Anhalt vom 15. Dezember 2021 konnten der Landkreis Wittenberg und der Burgenlandkreis im Rahmen eines Modellprojekts den Gemeindenotfallsanitäter zur Entlastung des Rettungsdienstes einführen. Die Erfahrungen sind positiv und können auch von anderen Landkreisen genutzt werden. 

Aktuell ist der Landkreistag Sachsen-Anhalt in einer Arbeitsgemeinschaft zur Digitalisierung des Rettungsdienstes beim Innenministerium eingebunden. Ziel sind die Schaffung von Grundlagen zur Einführung des Telenotarztes und die Begleitung der Ausschreibung des Innenministeriums zur flächendeckenden Ausstattung der Rettungsmittel mit telemedizinischen Elementen. Das Vergabeverfahren ist Anfang 2024 gestartet worden.