Kommunales Finanzwesen, Öffentliches Vergaberecht

Referent Enrico Ruby

Schwerpunkte

Fortentwicklung des Finanzausgleichsgesetzes Sachsen-Anhalt ab 2024

Kreisumlageerhebung in Sachsen-Anhalt

Aktuelle Haushaltssituation der Landkreise

Investitionsstau in den Landkreisen

Entwicklung der Kosten für Geflüchtete auf kreislicher Ebene

Novellierung des Vergabegesetzes Sachsen-Anhalt

Fortentwicklung des Finanzausgleichsgesetzes Sachsen-Anhalt ab 2024

Seit dem 1. Januar 2024 gilt in Sachsen-Anhalt ein neues Finanzausgleichsgesetz, FAG, – mit aktualisierten Finanzdaten und der Umsetzung des vom Land beauftragten Lenk-Gutachtens zur gerechteren Binnenverteilung zwischen den Kommunen.

Die Finanzausgleichsmasse 2024 steigt zwar für alle Städte, Gemeinden und Landkreise auf 2.094 Millionen Euro, allerdings werden erhebliche Kostensteigerungen, vor allem in den kreislichen Aufgabenbereichen, nicht ausreichend abgedeckt.

Gleichzeitig werden den Landkreisen unrealistisch hohe Kreisumlageeinnahmen von 802 Millionen Euro als eigene Einnahmen gegengerechnet. Zu Recht erfolgt daher einmalig eine Korrektur über den Ausgleichsstock mit 35 Millionen Euro, allerdings nur für das Jahr 2024.

Leider haben auch die Gutachterempfehlungen für eine neue Binnenverteilung im FAG die eigentlichen Probleme im kommunalen Finanzausgleich nicht beleuchtet. Die dringend notwendige Stärkung finanzschwacher Kommunen ist ausgeblieben.

Für die Jahre ab 2025 muss daher das Finanzausgleichsgesetz noch einmal vollständig auf den Prüfstand. Die Zuweisungen an die Landkreise müssen dringend erhöht und die Kreisumlage darf nur noch in tatsächlich zu erwartender Höhe berücksichtigt werden.

Kreisumlageerhebung in Sachsen-Anhalt

Mit einem Volumen von 728 Millionen Euro im Haushaltsjahr 2023 ist die Kreisumlage fast doppelt so hoch wie die FAG-Zuweisungen und damit die wichtigste Einnahmeposition der Landkreise zur Finanzierung ihrer Aufgaben.

Die Festsetzung der Kreisumlage ist alleinige Selbstverwaltungsangelegenheit der Landkreise, wobei allerdings die grundsätzlich gleichrangigen Interessen und die finanzielle Mindestausstattung der kreisangehörigen Gemeinden zu wahren sind.

Die im Ergebnis zahlreicher gemeindlicher Klageverfahren ergangene Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit führt inzwischen zu formell rechtssicheren, aber überaus aufwendigen Verfahren in den Landkreisen.

Allerdings gefährdet eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Sachsen-Anhalt vom 12. Dezember 2023 die Stabilität der Kreisfinanzen ganz erheblich. Danach müssen die Landkreise die Kreisumlage so weit absenken, dass nur höchstens ein Viertel der kreisangehörigen Gemeinden durch die Kreisumlagezahlung dauerhaft unterfinanziert ist. Damit gehen vielen Landkreisen erhebliche Einnahmen verloren, die auch nicht vom Land ausgeglichen werden, weil es auf den eigenen Leistungsfähigkeitsvorbehalt verweist. Dieser Konflikt scheint nur verfassungsgerichtlich lösbar.

Aktuelle Haushaltssituation der Landkreise

Die Landkreise verfügen zur Finanzierung der ihnen übertragenen Aufgaben über keine eigenen Steuereinnahmen. Sie sind daher auf einen auskömmlichen Finanzausgleich durch das Land und auf verlässliche Einnahmen aus der Kreisumlage angewiesen.

Das Ausgabevolumen der elf Landkreise in Sachsen-Anhalt wird im Haushaltsjahr 2024 nach den aktuellen Ergebnisplänen rund 3,51 Milliarden Euro betragen. Mehr als ein Drittel davon wenden die Landkreise für soziale Leistungen wie Bürgergeld (SGB II), Jugendhilfe (SGB VIII) und Sozialhilfe (SGB XII) auf.

In allen elf Landkreisen ergeben sich im Jahr 2024 defizitäre Ergebnishaushalte. Der Fehlbetrag dürfte in der Summe bei rund 180 Millionen Euro liegen.

Die für 2024 relevanten Kreisumlagegrundlagen nehmen zwar im Landesdurchschnitt um 9,5 v. H. zu. Diese erfreuliche Entwicklung führt allerdings – wegen zahlreicher Klagen und der Entscheidungspraxis der Verwaltungsgerichtsbarkeit – nicht zu den dringend notwendigen höheren Kreisumlageeinnahmen bei den Landkreisen, siehe Abbildung.

Tatsächlich sinkt der Anteil der Kreisumlage an den kreisumlagerelevanten Steuereinnahmen der kreisangehörigen Gemeinden stetig.

Investitionsstau in den Landkreisen

Die Landkreise tragen Verantwortung für wichtige und kostenintensive Bereiche der Infrastruktur im ländlichen Raum.

Laut dem Kommunalpanel 2023 der Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW, bestehen im Landkreisbereich die größten Investitionsrückstände bei Straßen, Schulen und der eigenen Verwaltungsinfrastruktur.

Aus dem Finanzausgleichsgesetz, FAG, erhalten alle elf Landkreise für ihren kompletten Investitionsbedarf nur einen Betrag von 40 Millionen Euro im Jahr. Diese Summe beklagen wir seit Jahren als deutlich zu niedrig.

Hinzu kommen zweckgebundene Mittel für Investitionen in Kreisstraßen in Höhe von jeweils 29,4 Millionen Euro pro Jahr. Gemessen an den jährlichen Abschreibungen der Landkreise für das rund 4.300 Kilometer lange Kreisstraßennetz in Sachsen-Anhalt – siehe Abbildung  von gut 50 Millionen Euro ist auch dieser Betrag viel zu knapp bemessen.

Nur durch eine dauerhafte Anhebung der investiven Kreisstraßenzuweisungen auf jährlich 50 Millionen Euro lässt sich der Investitionsstau an den kreislichen Straßen von zwischenzeitlich über einer Milliarde Euro langfristig abbauen.

Entwicklung der Kosten für Geflüchtete auf kreislicher Ebene

Das Land stellt den Landkreisen und kreisfreien Städten eine jährliche Pauschale in Höhe von aktuell 11.000 Euro pro Person als Abschlagszahlung für die Kosten der Aufnahme und Unterbringung von Asylsuchenden zur Verfügung – siehe Abbildung.

Prüfung und Neufestsetzung der Pauschale erfolgen jeweils bis zum 31. März des Folgejahres. Grundlage bildet ein Kostenerfassungsblatt, das die kommunalen Spitzenverbände im Jahr 2015 erarbeitet und mit der Landesverwaltung abgestimmt haben.

Die Kosten der Landkreise für die Aufnahme und Unterbringung von Asylsuchenden betragen im Jahr 2022 rund 64 Millionen Euro; im Jahr 2021 waren es gut 56 Millionen Euro.

Zum Erstattungsverfahren ist zwischen Landesregierung und kommunalen Spitzenverbänden seit Jahren vereinbart, dass jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt die jeweils tatsächlich vor Ort entstandenen Kosten erstattet werden. Diese Verständigung schafft Planungssicherheit für die Landkreise und Kostentransparenz für das Land.

Novellierung des Vergabegesetzes Sachsen-Anhalt

Der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen verfolgte das Ziel, Tariftreue, Sozialstandards und Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge stärker zu sichern. Beide kommunalen Spitzenverbände haben die geplanten Änderungen heftig kritisiert, weil zusätzlicher bürokratischer Aufwand, erhöhte Rechtsunsicherheit und längere Verfahrensdauern entstehen würden.

Wir haben deshalb gefordert, die Schwellenwerte, ab denen Vergabeverfahren vom Tariftreue- und Vergabegesetz Sachsen-Anhalt, TVergG LSA, erfasst sind, deutlich zu erhöhen, die angedachte Mindestlohnregelung für Sachsen-Anhalt zu streichen und einen konnexitätsgerechten Mehrbelastungsausgleich für die Kommunen im Gesetz zu regeln.

Der Landtag hat die gemeinsamen Vorschläge der kommunalen Spitzenverbände nicht aufgenommen. Leider haben sich unsere Bedenken in der Praxis bestätigt.