Jugend, Soziales, Gesundheit, Bildung und Arbeit

Stellv. Geschäftsführer Michael Struckmeier

Schwerpunkte

Krankenhausreform auf Bundes- und Landesebene

Maßnahmen zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie

Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes

Grundsicherung und Bürgergeld

Erschließung in- und ausländischer Arbeitsmarktpotenziale zur Fachkräftesicherung

Überlegungen für eine Kindergrundsicherung auf Bundesebene

Fortsetzung des ESF-Programms „Schulerfolg sichern“ – Schulsozialarbeit

Krankenhausreform auf Bundes- und Landesebene

Viele Krankenhäuser in Sachsen-Anhalt können nicht wirtschaftlich arbeiten, da die aktuelle Krankenhausfinanzierung nicht die tatsächlichen Kostenentwicklungen widerspiegelt. Es fehlt zudem an medizinischem Fachpersonal, was punktuell zu Leistungseinschränkungen und zur Schließung von Fachabteilungen und Stationen führt. Weil die vom Land bereitzustellenden Investitionsmittel nicht ausreichend bemessen sind, müssen Krankenhäuser oftmals auf „Verschleiß“ gefahren werden.

Die vom Bundesgesundheitsminister angekündigte große Strukturreform sieht deutlich weniger und spezialisiertere Krankenhäuser vor, die Krankenhausleistungen in höherer Qualität erbringen sollen. Im ländlichen Bereich sollen Integrierte Notfallzentren, INZ, und Kinder-Notfallzentren, KINZ, eingerichtet werden, die an der Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Versorgung und zugleich an der Schnittstelle zum Rettungsdienst arbeiten.

Ein vom Land Sachsen-Anhalt beauftragtes Krankenhausgutachten sieht dagegen alle bisherigen Krankenhausstandorte in Sachsen-Anhalt als grundsätzlich notwendig an.

Da die Defizite der Krankenhäuser weiter anwachsen, ist dringend eine Einigung zwischen dem Bundesgesundheitsminister und den Ländern erforderlich. Wir befürchten Insolvenzen und Schließungen, falls die bedarfsnotwendigen Krankenhäuser nicht schnell Zukunftssicherheit und zusätzliche Finanzierungsmittel erhalten.

Während der Corona-Pandemie erhielten die Krankenhäuser zusätzliche Mittel, um ihre Versorgungsaufgaben zu erfüllen. Nach dem Ende der Pandemie stehen diese Mittel nicht mehr zur Verfügung, was die wirtschaftliche Lage vieler Kliniken nochmals erschwert hat. Die Erfahrungen aus der Pandemie belegen zudem, dass die stationäre Krankenversorgung Kapazitätsreserven benötigt, um besondere Herausforderungen bewältigen zu können.

Maßnahmen zur
Bewältigung der
COVID-19-Pandemie

Seit Frühjahr 2020 war auch Sachsen-Anhalt von der Corona-Pandemie beherrscht. In der Folge ist eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht worden, unter anderem wurden ab 2021 in Regie der Landkreise Zentren errichtet, um die Bevölkerung zügig gegen das Corona-Virus zu impfen. Da sich die Verfügbarkeit des Impfstoffes stetig verbesserte, konnte die zunächst notwendige Priorisierung einzelner vulnerabler Bevölkerungsgruppen aufgehoben werden. Zugleich übernahmen es immer mehr die Hausärzte und andere niedergelassene Ärzte, ihre Patientinnen und Patienten gegen das Corona-Virus zu impfen. Bereits Anfang 2022 konnte damit begonnen werden, die Impfzentren wieder zurückzubauen.

Um die Bevölkerung vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus zu schützen, wurden zahlreiche Beschränkungen für die Teilnahme am öffentlichen Leben eingeführt, so unter anderem die Verpflichtung zur Vorlage eines negativen Testnachweises. Geimpfte und Personen, die von einer Corona-Infektion genesen waren, wurden stufenweise von der Vorlage eines Testnachweises freigestellt. Um den Nachweis – etwa für Besuche von Restaurants und Veranstaltungen – zu vereinfachen, wurden digitale Impf- und Genesenennachweise eingeführt.

Eine wesentliche Aufgabe der Gesundheitsämter der Landkreise war es, bestätigte Corona-Infektionen zu erfassen, Quarantäneanordnungen auszusprechen, diese zu überwachen sowie Kontaktpersonen und Infektionsketten nachzuverfolgen. Hierzu wurden die Gesundheitsämter in einem erheblichen Umfang mit Personal aus anderen Teilen der Kreisverwaltungen und befristet auch mit externen Kräften, z. B. mit Bundeswehrangehörigen sowie Landespersonal, verstärkt. Die Einführung einer Corona-Warn-App schaffte die Möglichkeit, Kontakte mit Infizierten zu erkennen.

Mit steigender Zahl geimpfter und genesener Personen konnten die nach Infektionsschutzrecht eingeführten Restriktionen bereits im Jahr 2022 allmählich zurückgenommen werden. Allerdings verweigerte sich ein kleinerer Teil von Beschäftigten in Gesundheits- und Pflegeberufen einer Impfung. Mit der Einführung einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht und der Erhebung des Impfstatus der Beschäftigten wurden bundesrechtlich Möglichkeiten geschaffen, Tätigkeitsverbote gegen Impfverweigerer auszusprechen. Die Regelung war nicht zuletzt wegen möglicher negativer Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit umstritten.

Bereits Anfang 2023 konnten nahezu alle coronabedingten Beschränkungen für die Bevölkerung aufgehoben werden.

Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes

Unter dem Eindruck der Corona-Pandemie haben Bund und Länder einen Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst mit einer Laufzeit von 2021 bis 2026 beschlossen. Für zusätzliche 5.000 Vollzeitstellen werden insgesamt 3,1 Milliarden Euro bereitgestellt. Weitere Mittel stehen für Digitalisierungsvorhaben zur Verfügung.

Kritisch ist zu bemerken, dass die Paktmittel befristet sind und die Finanzierung nach dem Jahr 2026 offen ist. Das Land hat jedenfalls bisher keine verbindliche Zusage erklärt.

Grundsicherung und Bürgergeld

Einführung des Bürgergeldes zum 1. Januar 2023

Infolge des demografischen Wandels fehlen heute nahezu überall Arbeitskräfte. Deshalb sind die Vermittlungschancen in Arbeit auch für bereits lange arbeitslose Menschen deutlich besser geworden.

Das zum 1. Januar 2023 eingeführte Bürgergeld war zwischen Bund und Ländern umstritten. Das Gesetzgebungsverfahren konnte erst nach Anrufung des Vermittlungsausschusses zum Abschluss gebracht werden.

Die neuen Regelungen machen es für einzelne Leistungsbezieher attraktiver, keine Arbeit aufzunehmen. Zugleich haben die Jobcenter jetzt weniger Instrumente zur Verfügung, um arbeitsfähige Personen anzuhalten, sich um Arbeit zu bemühen. Die Wirkungen des Bürgergeldgesetzes sollten deshalb objektiv bewertet und die Regelungen gegebenenfalls nachjustiert werden.

Bürgergeld für ukrainische Flüchtlinge ab 1. Juni 2022

Die Aufnahme ukrainischer Geflüchteter erfolgte zunächst als sogenannte Kontingentflüchtlinge mit einem Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Viele ukrainische Geflüchtete sind beruflich gut qualifiziert. Um ihnen die Integration in den Arbeitsmarkt über Fördermaßnahmen zu erleichtern, wurde zum 1. Juni 2022 die Möglichkeit zu einem sogenannten Rechtskreiswechsel in die Grundsicherung für Arbeitsuchende, SGB II – heute Bürgergeld –, geschaffen. Die erhofften Ziele sind jedoch nicht erreicht worden: Nur 19 Prozent der ukrainischen Geflüchteten arbeiten aktuell sozialversicherungspflichtig. Deshalb fordert der Deutsche Landkreistag zwischenzeitlich, ankommenden Geflüchteten aus der Ukraine wieder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu gewähren.

Erschließung in- und ausländischer Arbeitsmarktpotenziale zur Fachkräftesicherung

Auch in Sachsen-Anhalt beklagt die Wirtschaft zunehmend das Fehlen von Arbeitskräften. Geplante Neuansiedlungen von großen Unternehmen, wie z. B. Intel, der Strukturwandel und die Energiewende erfordern in großem Umfang Arbeits- und besonders Fachkräfte.

Die junge Generation ist deshalb auf ihrem Bildungsweg zu fördern und die Ausbildungsreife zu verbessern. Ausbildungsabbrüche sind möglichst zu verhindern. Arbeitsmarktpotenziale sind durch Qualifizierung und Weiterbildung zu verbessern.

Neben inländischen Arbeitskräften werden aber auch ausländische Arbeitskräfte erforderlich sein, um den Bedarf zu decken. Die Landkreise setzen sich mit ihren Ausländerbehörden dafür ein, durch möglichst unbürokratische Antrags- und Aufenthaltsverfahren den Zuzug ausländischer Arbeitskräfte zu erleichtern. Lange Bearbeitungszeiten bei den Auslandsvertretungen und den Anerkennungsstellen für Berufsabschlüsse verzögern aber die Verfahren für die Betroffenen, ohne dass der Landkreis Einfluss nehmen kann.

Überlegungen für eine
Kindergrundsicherung
auf Bundesebene

Die Bundesregierung hat am 27. September 2023 den Entwurf eines Kindergrundsicherungsgesetzes beschlossen und in den Bundestag eingebracht. Ziel des neuen Gesetzes ist es, verschiedene kinderbezogene Leistungen in einer neuen Kindergrundsicherung zu bündeln und auszubauen. Hierzu soll innerhalb der Strukturen der Bundesagentur für Arbeit eine neue Bundesbehörde errichtet werden.

Da viele der kinderbezogenen Leistungen bisher von den Jobcentern erbracht werden, führt die Zuständigkeitsverlagerung zu deren Schwächung. Zugleich sollen kommunale Zuständigkeiten für die Bedarfsgemeinschaften und Familien aber fortbestehen, sodass Doppelstrukturen und Schnittstellenprobleme erwartet werden. Die Reform erscheint insgesamt „unausgegoren“, lässt Mehraufwand in dreistelliger Millionenhöhe erwarten und erschwert für die Leistungsberechtigten das Antragsverfahren.

Hierauf haben wir die Bundestagsabgeordneten aus Sachsen-Anhalt persönlich hingewiesen und gebeten, dem vorliegenden Entwurf nicht zuzustimmen. Die Landesregierung haben wir aufgefordert, den Bundesrat für notwendige Änderungen am Gesetz zu nutzen.

Fortsetzung des ESF-Programms „Schulerfolg sichern“ – Schulsozialarbeit

Die Schulen und die dort tätigen Lehrkräfte beklagen seit Jahren eine Überforderung durch schwierige Schülerinnen und Schüler sowie durch gesellschaftliche Probleme, die in die Schulen getragen werden.

Als sozialpädagogische Antwort hierauf ist das Instrument der Schulsozialarbeit entwickelt worden, die an die Jugendsozialarbeit anknüpft, aber bis zum Inkrafttreten des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes bundesgesetzlich nicht ausdrücklich geregelt war.

Schulsozialarbeit findet in Sachsen-Anhalt seit rund 20 Jahren auf der Grundlage von verschiedenen Programmen statt, die über den Europäischen Sozialfonds, ESF, gefördert werden. Aus dem aktuellen ESF-Programm „Schulerfolg sichern“ werden derzeit in Sachsen-Anhalt rund 380 Stellen für Schulsozialarbeit gefördert.

Umstritten ist seit Jahren, ob und in welchem Umfang die Landkreise hierfür zwingend eine Komplementärfinanzierung aufzubringen haben, denn die Mitspracherechte der Landkreise im Rahmen des ESF sind sehr begrenzt. Obwohl die Jugendämter wegen ihrer Ortskenntnis den Bedarf an Schulsozialarbeit regelmäßig am besten einschätzen können, sehen die administrativen Vorgaben für den ESF eine Projektauswahl durch eine Jury vor, in der die Jugendämter selbst keine Stimme haben, sondern lediglich über die kommunalen Spitzenverbände vertreten werden.

In der aktuellen Auswahlrunde für die Fortsetzung des ESF-Programms ab dem Schuljahr 2024/2025 haben wir uns dafür eingesetzt, dass die von den Jugendhilfeausschüssen der Landkreise beschlossenen Schulen von der Jury prioritär ausgewählt werden. Dies ist leider nicht vollständig gelungen.